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TRACHTENREGIONEN
Protestantische Tracht, Schwäbische Alb, Ulmer Winkel

Bis Ende des 20. Jahrhunderts wurde auf der schwäbischen Alb und in deren Randgebieten in protestantischen Orten vereinzelt noch eine charakteristische Tracht getragen, in Schwaben z.B. in Riedheim, Burtenbach, Pfuhl und Bächingen. Vor allem Rock mit angenähtem Leibchen (die "Kutt"), Haube und Schürze charakterisieren diese Tracht. Die Jacke (die "Jagge") ist in der letzten Phase dieser Tracht entsprechend der Mode der Gründerzeit gearbeitet, wurde aber zumindest 50 Jahre darüber hinaus getragen.

Ein besticktes bzw. bedrucktes Samtleibchen trug den in der Taille gestiftelten oder in kleine Falten gelegten Wollrock. Der Halsausschnitt des Leibchens war für Festtags meist mit Moiréband besetzt. Der an das Leibchen genähte Rock war meist aus dunkel kariertem, schweren Tuchstoff gearbeitet. Ihn zierte ein breiter schwarzer Samtbesatz. Die Jacke war in der letzten Phase dieser Tracht entsprechend der Mode um 1900 meist aus schwarzen Stoffen mit Stehkragen, zweinähtigen Ärmeln, zierendem Brusteinsatz und geschweiften Rückennähten gearbeitet. Die Schürze war am Bund in Falten gelegt, diese Falten und der Saum konnten mit Posamentenborte geziert sein.

Zum Kirchgang wurde eine "Bändelkappe" ("Spitzhaube") angelegt. Die schlichte Bandhaube hatte einen bestickten Haubenboden, der unter den Moirébändern kaum sichtbar war. Auffallend groß waren die gestanzten Metallpailletten, "Stahlplättchen", die für Festtage in die Stickerei integriert wurden. Die hinteren Enden der Bandschleife hingen fast bis zum Rocksaum.

Das "Musikhäs" mit roten Moireebandbesatz ("Bendeln") an Hals- und Armausschnitt und vorne wurde nur an Hochzeiten und hohen Festtagen von ledigen jungen Mädchen und Frauen getragen. Dazu wurde auf dem Kopf ein Blumenkranz mit Wachsblumen getragen. In die zwei langen offen getragenen Zöpfe war ein rotes Band mit eingeflochten, die Zöpfe flatterten beim Tanz. Dazu wurde eine weiße Spitzenschürze und ein Hemd mit weißen großen Ärmeln getragen.

Früher haben auch die alten Frauen, wenn sie Bäuerinnen und nicht Mägde waren, die Zöpfe lang getragen. Sie haben damit gezeigt, daß sie nicht so viel arbeiten mußten.

Je breiter der Samtbesatz auf dem Rock war, desto reicher waren angeblich die Leute. Auch die schweren Tuchstoffe für den Rock gehörten eher den reichen Leuten. "Die Zahl der zum Hof gehörenden Pferde konnte man an der Samtbreite auf dem Rock sehen".

Zum "Stallhäs" war das Leibchen nicht bestickt sondern mit kleinen Mustern bedruckt. Zum Leib wurden noch "Ober-" und "Unterkutt" getragen, außerdem Kopftuch. Die "Oberkutt" wurde auch abgelegt.

Quellen:

Bischoff-Luithlen, Angelika: Der Schwabe und sein Häs. Stuttgart, 1982.

Mündliche Informationen von Dorothea Gloede, Neu-Ulm, Steinheim, 17. Juni 2003.